Sexualmagie beruht auf der Prämisse, dass das wichtigste psycho-physiologische Ereignis im Leben des Menschen der Orgasmus ist. Sexualmagie ist die Kunst und die Wissenschaft, sexuelle Erfahrung bei der konkreten Verwirklichung von Verlangen und bei der Erweiterung des Innenlebens anzuwenden.
Mit Erfolg angewandte Sexualmagie vereint in sich das Zusammenspiel von vier Faktoren:Im Zustand sexueller Erregung werden alle Aspekte außersinnlicher Wahrnehmung gesteigert.
Unmittelbar vor, während und nach Erreichen des Höhepunkts befindet sich das Gemüt in einem Zustand der Überempfindlichkeit und saugt alle Suggestionen auf wie ein Schwamm. Während des Geschlechtsverkehrs ist der Mensch für positive und negative Einflüsse in höchstem Grade empfänglich.
Die innere Harmonie beim sexuellen Höhepunkt erleichtert den Zugang zu den Gefilden des Unterbewusstseins. Träume, Visionen und kaleidoskopartige Effekte legen reichhaltiges Zeugnis ab, dass es sich tatsächlich so verhält.
Viele Menschen haben beim Orgasmus wenigstens einmal im Leben ein “samadhi“ erlebt, begleitet von einem Gefühl der Zeitlosigkeit und der völligen Auflösung des Ego sowie der subjektiven Empfindung, mit ihrem Partner völlig eins zu sein.
Der Koitus ist also die erste und natürlichste Yoga-Übung!Yoga-Schulen haben sich seit langem mit der Möglichkeit befasst, einen Energierückstand wachzurufen, der im Körper eingesperrt sein soll.
Diese Kraft bezeichnet man als Kundalini (mit der Bedeutung “aufgerollt“, womit die Kraft einer zusammengedrückten Sprungfeder gemeint ist), und mit Hilfe bestimmter Techniken wird man erreichen, Kundalini in einer “shushumna“ genannten Röhre aufsteigen zu lassen. Shushumna ist vermutlich das Äquivalent zu einem flüssigkeitsgefüllten Hohlraum (canalis centralis) im Zentrum des etwa 45 Zentimeter messenden Rückenmarks.
Kundalini steigt in der shushumna auf, wenn die Nebenenergien in zusätzlichen psychischen Nerven (ida und pingala), aufhören zu fließen. In verschiedenen Überlieferungen bedient man sich der Ehelosigkeit, um ausreichend Druck oder Dampf aufzubauen, um shushumna zu reinigen und Kundalini zu wecken. Indem die Kundalini zum Gehirn aufsteigt, öffnen sich verschiedene psychische Zentren oder chakras.
Tantra ist mit dieser Hypothese noch einen Schritt weitergegangen, indem es postuliert, dass jede sexuelle Erfahrung die Kundalini automatisch weckt, und sich aus der bewussten Erkenntnis dieses Vorgangs ein tiefgreifendes spirituelles Bewusstsein einstellt.
Der weibliche Körper steht für die psychische Röhre “ida“ und ist ein natürlicher Kanal für negative Mond-Energie. Der männliche Körper fungiert als “pingala“, eine psychische Leitung für positive Sonnen-Energie. Im Augenblick des Orgasmus findet auf psychischer Ebene ein kurzzeitiges Verschmelzen zweier Körper statt. Die bei diesem Vorgang entfesselte Energie wird in shushumna gebündelt, und das Aufsteigen von Kundalini setzt ein.
Ein subjektives Ergebnis ist ein Nachher voller psychedelischer Visionen und Farbenspiele, die das Überströmen des Unbewussten (Kundalin) auf bewusste Ebenen anzeigt.
Tantra war die erste Schule, die das Geheimnis lehrte – “der Mensch ist Gott“. Ein Paar, das in sexueller Umarmung zueinander findet, erkennt diese Wahrheit stillschweigend an. Ein Gott und eine Göttin vereinigen sich und erlangen, mit dem körperlichen Mechanismus als Auslöser, einen Zustand transzendentaler Wonne.
Wir müssen zwischen Sexualmagie und Tantra streng unterscheiden.
Sexuelle Magie kann ohne gefühlsmäßige Bindung an den Partner angewendet werden, um eine Einstellung oder eine Situation günstig zu beeinflussen. Das Konzentrieren auf ein angestrebtes Ziel wird unweigerlich ein Resultat zeigen.
Sexualmagie ist die kraftvollste Form bekannter Selbsthypnose.
Tantra hingegen ist dazu bestimmt – durch gegenseitige Anbetung des Körperaltars den Bewusstseinszustand der Partner zu verändern, und erfordert im allgemeinen, dass sexuelle Erregung von dem, was man Liebe nennt, von einer Leidenschaft der Gefühle begleitet wird.
Tantra lehrt, dass das totale sexuelle Erlebnis ein Weg zum Frieden sein kann, welches das Ego auflöst. Die rituelle Vereinigung ist ein Mittel zur Bewusstseinserweiterung, welche das unaufhörliche Geplapper des denkenden Gehirns (der Großhirnrinde) mit einem Schwall orgastischer, durch Sinneswahrnehmung in den eroge-nen Zonen ausgelöste Erregung überflutet. Körperenergien werden für kosmische Wonne genutzt. “Nutzen“, nicht “ausnutzen“ ist der Schlüssel.
Der tantrische Orgasmus führt unmittelbar folgendes herbei:Stillstand der Fluktuation des Stoffes, aus dem die Seele gemacht ist.
Freisein von Vergangenheit und Zukunft, freies Schweben des Bewusstseins im Augenblick.
Öffnen der psychischen Zentren im Kopf, welches zu psychedelischen Visionen führen kann.
Das “panch makara“ bezeichnet ein grundlegendes tan-trisches Ritual der “fünf guten Dinge“, das die Vorstellung des Abendlandes gefesselt hat.
Dieser Ritus ist das gemeinsame Genießen von Wein, Fleisch, Fisch, geröstete Körner und sexuelle Vereinigung. Diese fünf Dinge werden unterschiedlich ausgelegt, und viele Kritiker behaupten, bei dieser Zeremonie handelt es sich lediglich um eine Allegorie.
Auf wörtlicher Ebene wird man verstehen, dass ein orthodoxer, vegetarisch und enthaltsam lebender Hindu sich von seinen kulturellen Wurzeln losreißen, sich “um den Verstand bringen“ müsste, nähme er verbotenen Wein zu sich, Fleisch und Fisch, und ließe er sich, unter Bedingungen, die den üblichen rituellen Voraussetzungen und Tabus nicht entsprächen, auf eine sexuelle Vereinigung ein. In diesem Sinne stellt das Tantra ein organisiertes System dar, das nichts ablehnt, was einem spirituellen Zweck dient. Es bedient sich beispielsweise Schocktaktiken, um das Gemüt in einen transzendentalen Zustand zu katapultieren, der jenseits aller normalen gesellschaftlichen und Kasten-Beschränkungen liegt.
Das panch makara dient dazu, Delirium, Wahn und Ekstase herbeizuführen.
Anders interpretiert offenbaren sich “die fünf guten Dinge“ als sexuelle Variationen, die zu einem Crescendo orgastischer Erfahrungen führen. In einem System setzt sich der Wein aus Speichel, vaginalen Ausscheidungen und Samen zusammen. Fleisch essen heißt Fellatio oder orale Vereinigung, von der Partnerin, Shakti,am Lingam (Penis) ihres Herren, Shiva, vollzogen. Fisch heißt Cunnilingus – Shiva betet die Yoni (Scheide) seiner Shakti mit seiner Zunge an, empfindet sie als lebendige Verkörperung des Schlosses von Brahma.
Die gerösteten Körner stehen für die von beiden Partnern eingenommene Position oder Stellung, in der die Flamme auf dem genitalen Altar durch Reibung von Lingam und Yoni, die sich vortrefflich aneinander reiben, entfacht wird. Die eigentliche sexuelle Vereinigung wird zu einer Darstellung der vedischen Opfergabe, in deren Verlauf reine Butter (Samen) in die Flamme auf dem Altar (Vagina) gegossen wird.
Yab YumDer Mann sitzt mit verschränkten Beinen in der Lotos-Position, die Frau sitzt auf seinen Oberschenkeln und umklammert mit ihren Beinen seine Hüften.
Der Penis ist tief und sicher in die Vagina eingeführt, während das “Vatergesicht“ und das “Muttergesicht“ in innigem Zungenkuss verbunden sind. Mit den Armen halten sich die Partner fest umschlungen. Dies ist die ideale Stellung für “Vor-der-Geburt-Wiegen“, bis zum Augenblick des Orgasmus.
Der Mann kann sich, um zusätzlich Halt zu finden, ein Kissen unters Gesäß schieben.
Mula BandhaDer Mann nimmt die Lotos-Position oder die leichtere gekreuzte-Beine Position ein; die Frau sitzt rittlings auf den Schenkeln des Mannes und schließt ihre Beine um seine Hüften; ihre Fersen werden, indem er sich langsam nach hinten neigt, zwischen Fußboden und den sakralen Bereich seines Rückgrats geklemmt. Shaktaund Shakti halten sich gegenseitig an den Handgelenken fest und lehnen sich soweit zurück, bis sie auf dem Rücken liegen, bzw. das Gesicht nach oben zeigt. Bis zur Ejakulation flammt psychisches Feuer auf, indem sich beide Partner auf die hastlose Reibung des Ungarn in der Yoni konzentrieren.
Die Partner ziehen sich gegenseitig in eine aufrechte Haltung, lassen sich wieder nach hinten sinken und wiederholen diesen Vorgang, bis der Höhepunkt erreicht ist.
SukhapadmaLord Shivas Beine werden im Halblotos übereinander gelegt, oder er nimmt den “Schneidersitz“ ein; die Shakti sitzt zwischen seinen Schenkeln, die Beine fest um seine Taille geschlossen. Alle psychischen Stromkreise sind geschlossen – Zunge an Zunge, Nabel an Nabel, der Lingam ist tief ins Schloss der Yoni eingeführt.
Yoni AsanaDer Mann sitzt auf einem Stuhl oder einer Couch, die Frau sitzt auf seinem Schoss, sexuell “angejocht“, die Arme um seinen Hals gelegt.
Kali AsanaDer Mann liegt auf dem Rücken, die Frau setzt sich rittlings auf seinen Schoss. Sie umklammert seinen Lingam in ihrer Yoni und massiert und melkt ihn mit ihrer kräftigen Vaginalmuskulatur. Ihre Klitoris liegt frei, damit er sie mit den Fingern stimulieren kann.
Kali Asana ist deshalb beliebt, weil sie besonders starkes vaginales Empfinden gewährleistet, indem der aus dem normalen 45-Winkel kraftvoll zurückgezogene Penis den Vaginalraum dehnt.
Die dargestellten Stellungen vereinigen eine Reihe einzigartiger Merkmale in sich. Der Yoga von Penis und Vagina wird zustande gebracht, indem die Frau rittlings und von Angesicht zu Angesicht auf dem Mann sitzt. Die aufrechte Stellung beider am tantrischen Abendmahl fügt eine neue Dimension intensivierten Orgasmus und positiver Bejahung des sexuellen Erlebens hinzu.
Im hinduistischen Tantra ist die Frau personifizierte Macht und als solche stets aktiv – der Ungarn bewegt sich in ihrer Yoni wie ein Stößel in einem nach innen gekehrten Mörser. Sie hat die landläufigen Rollen von Mann und Frau vertauscht und sich selbst in eine aktive, dominierende Kraft gewandelt, die dem Penis männliche Energie abzapft.
Die Position des Aufrechtsitzens gewährleistet einen von der Yoni fest umklammerten Ungarn und verhütet, sogar nach der Ejakulation, sein Hinausgleiten.
Die durch die Schwerkraft erzeugte Neigung des Samens, vom Muttermund weg zu fließen, bestätigt die tantrische sexuelle Vereinigung eher als einen magischen Akt als einen Akt zur Zeugung von Nachkommenschaft (dennoch keine Verhütungsmethode!).
Während der Umarmung wird beiden Partnern empfohlen, sich in eine wiegende Hin- und Herbewegung zu versetzen, die das Nervensystem entspannt.
Die beruhigende Wirkung beruht vermutlich auf dem Wachrufen von unbewussten Erinnerungen an freies Schweben im Fruchtwasser des Mutterleibes. Eine Bewegung, die dem In-den-Armen-Wiegen ähnelt, mit dem man kleine Kinder beruhigen und verwöhnen kann.
Alle diese Stellungen sind im Idealfall geeignet, ein wirklich gleichzeitiges Erreichen des Orgasmus, Sexualmagie und das Wecken der Kundalini optimal zu erleben. Außerdem wird die direkte Stimulation der Klitoris in diesen Stellungen begünstigt.
Die Vereinigung von Mund und Genitalien hindert den normalen, an der Zeugung von Nachkommenschaft orientierten Fluss sexueller Energien und ruft einen psychischen Kurzschluss hervor, der im Handumdrehen die Kundalini erweckt sowie geistiges Entzücken und den Stillstand der Gedanken herbeiführt.
Tantra und Sexualmagie betrachten Fellatio und Cun-nilingus als ein Yoga, um beim Zusammenführen entgegengesetzter Körperteile ein integriertes Bewusstsein zu erlangen. “Cunnilingus“ ersetzt den Penis durch die phallische Zunge, und Fellatio ersetzt die Vagina durch den Mund und führt in beiden Fällen zu einer “Geist/Seele-Explosion“.
Die Yoga-Praxis des Mund-und-Zunge-mit-dem-Genitalbereich-Zusammenführens bombardiert das Gehirn mit einem wahren Schauer sexueller Impulse.
Mann und Frau liegen auf ihren rechten Seiten, einander so zugewandt, dass der Kopf eines jeden Partners dem Genitalbereich des anderen gegenüberliegt. Der Gott schiebt seine rechte Hand unter die Schenkel der Göttin und bettet seinen Kopf zwischen ihre Schenkel. Er befeuchtet seinen rechten Daumen und Zeigefinger mit Speichel und verschließt ihren Anus mit der Fingerkuppe seines Zeigefingers; gleichzeitig führt er seinen Daumen (mit kurzgeschnittenem, sauberen Nagel) behutsam in die Vagina ein. Dann führt er seinenMund und die Zunge an ihre Yoni, wobei er vor allem die Klitoris beehrt.
Die Göttin umschließt seinen Ungarn mit dem Mund und blockiert die urethrale Öffnung mit der Zunge, wobei sie mit dem Mittelfinger kräftigen Druck auf seinen Anus ausübt; mit den übrigen Fingern und dem Daumen ihrer rechten Hand liebkost sie sein Perineum und sein Skrotum. Der gleichzeitige Orgasmus wird so langsam wie möglich herbeigeführt, damit das Bewusstsein in transzendenter Unbeweglichkeit eingefroren werden kann.